Bin ich Alleinerbe oder entsteht eine Erbengemeinschaft?
Alleinerbschaft
Existiert nur ein einziger Erbe, muss keine Erbauseinandersetzung stattfinden, da der Erbe dann Alleineigentümer sämtlichen Vermögens des Erblassers wird. Er kann dieses nach seinem Belieben verwenden und verwerten. Natürlich haftet er auch allein für die Schulden des Erblassers.
Erbengemeinschaft
Sofern mehr als eine Person zum Erben berufen wurden, entsteht eine sogenannte Erbengemeinschaft, welcher der Nachlass als gemeinschaftliches Vermögen gehört (§ 2032 BGB).
Die Erbengemeinschaft stellt also eine Rechtsgemeinschaft dar, deren beteiligte Personen Miterben genannt werden.
Der Erbengemeinschaft gehört zwar das Vermögen des Verstorbenen, aber nur gemeinsam in sogenannter Gesamthand. So kann die Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich über den Nachlass verfügen, ein Miterbe allein kann dies hingegen, unabhängig von der Art des Nachlassvermögens, nicht.
Entstehung der Erbengemeinschaft
Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch (durch Gesetz), wenn mehrere Personen Erbe eines Erblassers sind. Demnach entsteht die Erbengemeinschaft auch gegen den Willen eines oder mehrerer Miterben.
Rechtsform der Erbengemeinschaft
Die Erbengemeinschaft stellt eine Gesamthandsgemeinschaft dar. Dies bedeutet, dass das gesamte Vermögen des Erblassers allen Miterben gemeinsam gehört. Die Besonderheit dabei ist, dass keiner der Miterben allein über den Nachlass verfügen kann. Für jegliche Verfügungen, die den Nachlass betreffen, ist je nach Umfang der Verfügung entweder eine einfache Stimmenmehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderlich. Der einzelne Miterbe hat jedoch die Möglichkeit, allein (ohne Zustimmung der übrigen Miterben) über seinen Anteil an der Erbengemeinschaft zu verfügen, indem er beispielsweise seinen Erbteil verkauft.
Rechte und Pflichten der einzelnen Miterben
Vorweg ist zu betonen, dass jeder Miterbe die Möglichkeit hat, die Erbschaft auszuschlagen (siehe oben).
Die Erbengemeinschaft ist auf eine Auflösung (Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft) gerichtet. Daher besteht das wohl wichtigste Recht der Miterben im Anspruch auf Auseinandersetzung. Jeder Miterbe kann, unabhängig davon, wie groß sein Anteil am Nachlass ist, jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen (§ 2042 Abs. 1 BGB).
Jeder Miterbe ist verpflichtet, bei der Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken. Diese Pflicht besteht vor allem in der Fortführung oder Kündigung von Verträgen und der Sorge um die Nachlassgegenstände sowie in der Erfüllung von Verbindlichkeiten. Ebenfalls übernehmen die Miterben die Verbindlichkeiten des Erblassers und haften für diese. Hierzu gehören z.B. Kreditfinanzierungen oder der laufende Mietvertrag für die Wohnung des Erblassers.
Grundsätzlich ist jeder Miterbe selbst dafür verantwortlich, sich über den Nachlass und die Erbsituation zu informieren. In bestimmten Fällen bestehen in einer Erbengemeinschaft jedoch Auskunftsansprüche gegenüber den anderen Miterben. Dies gilt vor allem, wenn einer der Miterben über besonderes Wissen bezüglich des Nachlasses verfügt. Dieses Wissen muss er mit den anderen Miterben teilen, wenn diese anderenfalls aufgrund ihrer Unkenntnis einen Nachteil erleiden würden. Voraussetzung für diesen Auskunftsanspruch ist ferner, dass eine rechtliche Sonderbeziehung, also zum Beispiel ein Autragsverhältnis zwischen dem einzelnen Miterben und dem Erblasser, besteht.
Der einzelne Miterbe kann von den anderen Miterben einen Ausgleich fordern, wenn er den Erblasser vor dessen Ableben in einem besonderen Maße gepflegt und unterstützt hat.
Zudem sind die Miterben zur Zahlung der Erbschaftssteuer verpflichtet. Dazu wird der gesamte Nachlass bewertet und dem jeweiligen Miterben der seinem Erbteil entsprechende Anteil zugewiesen. Oft ist dieses Thema jedoch unproblematisch, da abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser umfassende Freibeträge vorgesehen sind.
Verwaltung des Nachlasses
Im Zeitraum bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft muss der Nachlass durch die Miterben gemeinschaftlich verwaltet werden (§ 2038 BGB). Dabei sollen sowohl die Interessen der Miterben als auch die der Gläubiger, die noch Geld aus dem Nachlass erhalten sollen, geschützt werden. Man unterscheidet zwischen der ordnungsgemäßen, der außerordentlichen und der Notverwaltung.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Die ordnungsgemäße Verwaltung betrifft Maßnahmen, welche den Nachlass nicht erheblich verändern und bei denen man davon ausgehen kann, dass sie im Interesse aller Miterben sind. Dies gilt meist für Maßnahmen, die sich wirtschaftlich positiv auf den Nachlass auswirken. Hierzu zählt zum Beispiel die Kündigung von Abonnements, die nicht mehr benötigt werden, oder auch die Instandhaltung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie. Für die Entscheidung über eine solche Maßnahme gilt das Mehrheitsprinzip nach Anteilen. Die Maßnahme kann also nur dann vorgenommen werden, wenn die Mehrheit der Erbanteile sich einig ist. Ist dies der Fall, müssen sich dann auch alle Miterben an der Durchführung dieser Maßnahme beteiligen.
außerordentliche Verwaltung
Bei der außerordentlichen Verwaltung handelt es sich um Maßnahmen, die den Nachlass wesentlich verändern. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn sich nur eine Immobilie im Nachlass befindet und diese verkauft werden soll. Für solche Maßnahmen ist der einstimmige Beschluss aller Miterben erforderlich.
Notverwaltung
Die Notverwaltung umfasst Maßnahmen, die besonders dringlich sind und es daher nicht möglich ist, vorher alle Miterben miteinzubeziehen. Voraussetzung ist, dass es dem Nachlass erheblich schaden würde, wenn die konkrete Maßnahme nicht sofort vorgenommen wird. In diesem Fall kann ein Miterbe allein (ohne die Mitwirkung der anderen Miterben) handeln.
Ein Beispiel: Ein Sturm beschädigt das Dach der Nachlassimmobilie so schwer, dass nur eine sofortige Maßnahme eines Dachdeckers einen Einsturz verhindern kann, so darf der einzelne Miterbe die entsprechende Maßnahme einleiten.
Verwaltungsvereinbarung
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Miterben (abweichend von den gesetzlichen Regelungen) die Verwaltung vertraglich regeln. In einem solchen Vertrag kann unter anderem geregelt werden, wer den Nachlass in welchem Umfang verwaltet und wie dabei die Kosten getragen werden.
Kosten und Vergütung
Die Kosten der Nachlassverwaltung tragen die Miterben. Der Miterbe, der berechtigterweise Verwaltungsmaßnahmen durchgeführt hat, kann nach Abzug seines Eigenanteils von den anderen Miterben Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Für diesen Ersatz müssen die Miterben nicht auf ihr Privatvermögen zurückgreifen, der Aufwendungsersatz muss nur aus dem Nachlass geleistet werden. Ein Miterbe kann für die Nachlassverwaltung keine Vergütung verlangen. Allerdings können die Miterben mittels einer Verwaltungsvereinbarung einen einzelnen Miterben mit der Verwaltung betrauen und ihm dafür eine Vergütung gewähren.
Nutzungsentschädigung
Befindet sich eine Immobilie im Nachlass, die durch einen der Miterben bewohnt wird, können die übrigen Miterben von diesem die Zahlung einer Nutzungsentschädigung verlangen. Die Höhe der Nutzungsentschädigung richtet sich nach einer ortsüblichen Miete, die für eine solche Immobilie normalerweise zu zahlen wäre (abzüglich des Anteils des die Immobilie bewohnenden Miterben am Nachlass).
Haftung der Miterben
Grundsätzlich haften die Miterben für alle Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB).
Arten von Nachlassverbindlichkeiten
Man unterscheidet zunächst zwischen Erblasserschulden, Erbfallschulden und Nachlasserbenschulden.
Erblasserschulden
Erblasserschulden sind die Schulden, die zum Todeszeitpunkt des Erblassers bestehen (§ 1967 Abs. 2 BGB), also solche, die der Erblasser selbst zu seinen Lebzeiten begründet hat.
Erbfallschulden
Als Erbfallschulden werden die Schulden bezeichnet, die durch den Tod des Erblassers entstehen (z.B. Bestattungskosten).
Nachlasserbenschulden
Nachlasserbenschulden werden von den Miterben im Rahmen der Nachlassverwaltung begründet.
Haftungsregelungen
Allgemeines
Die Miterben haften als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB). Demnach kann ein Gläubiger einen einzelnen Miterben in voller Höhe für alle Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen. Der Miterbe muss dann von den anderen Miterben Ausgleich verlangen.
Ist nur ein Miterbe durch eine Nachlassverbindlichkeit belastet (z.B. durch eine Auflage oder ein Vermächtnis), so kann der Gläubiger auch nur diesen Miterben in Anspruch nehmen. Der Miterbe kann dann von den übrigen Miterben einen Ausgleich verlangen. Sind alle Miterben mit einer Verbindlichkeit belastet, so kann der Gläubiger bis zur Nachlassteilung gegen jeden einzelnen Miterben oder gegen die Miterben als Gesamtschuldner vorgehen.
Wird ein Erbteil verkauft, dann haftet der Käufer für alle nicht erfüllten Nachlassverbindlichkeiten (§ 2382 BGB). Dies gilt auch dann, wenn der Käufer von den Verbindlichkeiten nichts wusste oder vom Verkäufer getäuscht wurde. Der Verkäufer haftet jedoch ebenfalls weiterhin für die Verbindlichkeiten. (MYTHOS 8) Somit haften der Käufer und der Verkäufer dann als Gesamtschuldner gegenüber Dritten. Im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer ist der Käufer gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen (§ 2378 BGB). Es besteht jedoch die Möglichkeit, im Erbteilskaufvertrag individuell zu regeln, wer für welche Nachlassverbindlichkeiten aufkommt.
Im Folgenden werden die Haftungsregelungen in den einzelnen „Lebensabschnitten“ der Erbengemeinschaft chronologisch dargestellt.
Vor Annahme der Erbschaft
Die Erbschaft kann entweder ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten angenommen werden. Solange ein Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, kann er für Nachlassverbindlichkeiten nicht in Anspruch genommen werden (§ 1958 BGB).
vor Teilung des Nachlasses
Die Miterben sind grundsätzlich dazu verpflichtet, Nachlassverbindlichkeiten vor der Teilung des Nachlasses zu erfüllen.
Einrede der beschränkten Erbenhaftung
Miterben müssen nicht unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen haften. Sie können die Haftung auf den Nachlass begrenzen, indem sie den Gläubigern die Einrede der beschränkten Erbenhaftung (§ 2059) entgegenhalten. Dies bedeutet, dass sich die Haftung des Miterben bis zur Teilung des Nachlasses nur auf seinen Anteil am Nachlass beschränkt und sein Privatvermögen geschützt wird.
Dreimonatseinrede
Nach Annahme der Erbschaft ist es wichtig, sich mit der konkreten Situation des Nachlasses vertraut zu machen. Mithilfe der sog. Dreimonatseinrede (§ 2014 BGB) kann daher jeder Miterbe innerhalb der ersten drei Monate die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten verweigern, solange er noch kein Inventar errichtet hat.
Ein Nachlassinventar zeigt die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die der Nachlass enthält. Die Erstellung eines Inventars wird einem oder mehreren Miterben auferlegt, wenn ein Gläubiger dies beim Nachlassgericht beantragt. Die Miterben können diese Pflicht auf einen Notar oder auf das Nachlassgericht übertragen. Durch die Erstellung eines Nachlassinventars beschränkt sich die Haftung dauerhaft auf die im Inventar dargestellten Vermögensgegenstände.
Aufgebotsverfahren
Reicht die dreimonatige Schutzfrist nicht aus, so können die Miterben ein Aufgebotsverfahren beim Nachlassgericht beantragen. Das Nachlassgericht fordert dann öffentlich dazu auf, dass alle Gläubiger ihre Forderungen gegen den Nachlass anmelden.
Nachdem die Verfahrensfrist abgelaufen ist, wird ein Ausschlussurteil erlassen. Das bedeutet, dass die Forderungen, die bis zum Fristablauf nicht angemeldet wurden, zuletzt (also nach den angemeldeten Forderungen) und auch nur dann befriedigt werden, wenn vom Nachlass noch etwas übrig ist. Die Haftung der Miterben beschränkt sich also dauerhaft auf den Nachlass. Diese Haftungsbeschränkung gilt allerdings nicht für dinglich gesicherte Gläubiger, also z.B. solche, die eine Grundschuld auf einer zum Nachlass gehörenden Immobilie haben.
Der Erbe kann bis zur Beendigung des Verfahrens die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten verweigern (§ 2015 BGB), sofern er das Aufgebotsverfahren innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft beantragt hat.
Nachlassverwaltung
Falls sich eine Überschuldung des Nachlasses aufgrund der Unübersichtlichkeit nicht feststellen lässt, können die Miterben gemeinschaftlich die Nachlassverwaltung beim Gericht beantragen. Die Erben geben die Verwaltung an den Nachlassverwalter ab, der vom Nachlassgericht bestimmt wird. Dessen Aufgabe besteht z.B. darin, einzelne Nachlassgegenstände zu veräußern und mit den Erlösen die Forderungen der Nachlassgläubiger zu befriedigen. Voraussetzung ist, dass der Nachlass die Gerichts- und Verwaltungskosten deckt, ansonsten wird der Antrag abgelehnt.
Wenn alle Forderungen erfüllt sind, wird die Nachlassverwaltung aufgehoben und der Nachlassverwalter übergibt den Miterben die noch vorhandenen Nachlassgegenstände.
Nachlassinsolvenz
Ist der Nachlass überschuldet oder zahlungsunfähig, müssen die Miterben oder ein vorher tätiger Nachlassverwalter die Nachlassinsolvenz beim Insolvenzgericht beantragen. Der Antrag wird geprüft und im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wird das Verfahren eröffnet, vorausgesetzt, dass der Nachlass die Verfahrenskosten deckt. Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter, welcher den Nachlass verwertet und die Forderungen der Gläubiger befriedigt.
Falls Nachlassverwaltung und Insolvenz mangels Masse abgelehnt werden, so kann der Erbe den Nachlassgläubigern die Dürftigkeitseinrede entgegenhalten.
nach Teilung des Nachlasses
Der Nachlass gilt als geteilt, wenn ein erheblicher Teil des Nachlasses in das Privatvermögen der einzelnen Miterben übergegangen ist. Dann sind Privatvermögen und Nachlass untrennbar miteinander verbunden. Dies hat zur Folge, dass die Miterben als Gesamtschuldner mit ihrem Privatvermögen haften.
Haftung innerhalb der Erbengemeinschaft
Der einzelne Miterbe kann der Erbengemeinschaft in bestimmten Situationen wie eine fremde Person gegenüberstehen. Er ist beispielsweise der Erbengemeinschaft zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er einen Nachlassgegenstand beschädigt. Hat ein Miterbe Schulden beim Erblasser, muss er diese an die Erbengemeinschaft zurückzahlen.
Beendigung der Erbengemeinschaft
Die Auseinandersetzung ist das Ziel der Erbengemeinschaft. Als Erbauseinandersetzung bezeichnet man das Verfahren zur Auflösung der Erbengemeinschaft und Verteilung des Nachlasses an die Miterben. Die Erbengemeinschaft ist beendet, wenn der Nachlass unter den Miterben aufgeteilt wurde oder eine Person Inhaber aller Erbteile ist.