Kann mit ALLEN Miterben eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung gelingen?
Für die Erbauseinandersetzung gibt es exakt zwei Wege. Sie erfolgt einvernehmlich oder streitig!
Die einvernehmliche Erbauseinandersetzung
Zunächst kann zwischen Miterben und weiteren vom Nachlass begünstigten Personen (z.B. Vermächtnisnehmern, Pflichtteilsberechtigten) alles vereinbart werden, was gesetzlich zulässig ist.
Besteht Einigkeit zwischen allen Miterben und ggf. weiteren vom Nachlass begünstigten Personen, kann die Erbauseinandersetzung auch entgegen jeder Erblasseranordnung (also auch bei vom Erblasser angeordnetem Auseinandersetzungsverbot) erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist und der Testamentsvollstrecker mitwirkt.
Die Möglichkeiten der einvernehmlichen Erbauseinandersetzung sind praktisch unbegrenzt. Der Nachlass kann nach Belieben verteilt werden. Er kann auch gemeinsam veräußert und anschließend der Erlös geteilt werden.
Aufteilung unter den Miterben
Der Nachlass kann unter den einzelnen Miterben aufgeteilt werden, wenn diese einen Erbauseinandersetzungsvertrag schließen. (MYTHOS 1 und 2) Dazu ist die Zustimmung aller Miterben erforderlich. In diesem Rahmen müssen Pflichtteilsansprüche und Vermächtnisse erfüllt und Ausgleichspflichten geregelt werden.
Es ist ebenfalls möglich, einen Dritten mit der Auseinandersetzung zu beauftragen (Erbabwicklung). Dies ist in der Regel nur dann mit Kosten verbunden, wenn die Auseinandersetzung erfolgreich war.
Abschichtung
Eine Möglichkeit, die Erbengemeinschaft zu verkleinern oder letztlich auch gänzlich aufzulösen, besteht darin, einen Abschichtungsvertrag zu schließen.
Dadurch kann ein einzelner Miterbe die Erbengemeinschaft verlassen. Ob dies gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages oder kostenfrei erfolgt, obliegt den Parteien selbst. Der Erbteil fällt den übrigen Miterben verhältnismäßig nach deren Erbteilen zu.
Ein Abschichtungsvertrag erfordert also immer die Mitwirkung aller Miterben und ist damit nur dann möglich, wenn sich alle Erben einig sind!
Wesentlich ist jedoch, dass ein Abschichtungsvertrag nicht zwischen einzelnen Miterben einer Erbengemeinschaft geschlossen werden kann. Hierfür wäre ein Erbteilsübertragungsvertrag der richtige Weg.
Kommt es im Rahmen einer Abschichtungsvereinbarung dazu, dass nur noch ein einzelner Miterbe übrigbleibt, endet die Erbengemeinschaft auch in diesem Fall. Der verbliebene Miterbe wird praktisch Alleineigentümer des gesamten Nachlasses. Der Abschichtungvertrag stellt insofern keine gesonderte Möglichkeit einer Erbauseinandersetzung dar, er ist nur ein spezieller Weg einer einvernehmlichen Erbauseinandersetzung.
Großer Vorteil des Abschichtungsvertrags ist, dass er formfrei möglich ist. Dies gilt auch, wenn sich erhebliches Vermögen und Immobilien im Nachlass befinden. Praktisch wird man den Abschichtungsvertrag gleichwohl schriftlich verfassen, um den entsprechenden Nachweis erbringen zu können. Um den Abschluss eines Abschichtungsvertrags zur Grundbuchberichtung zu verwenden, ist die hierfür in der Grundbuchordnung erforderliche Form (§ 29 GBO) erforderlich. Dies bedeutet, dass mindestens alle Unterschriften eines Abschichtungsvertrags notariell beglaubigt werden müssen. Im Übrigen kann der Abschichtungsvertrag eine sehr günstige Variante einer einvernehmlichen Erbauseinandersetzung darstellen.
Notarielles Vermittlungsverfahren
Das notarielle Vermittlungsverfahren nimmt einen besonderen Platz im Rahmen der Möglichkeiten für eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung ein. Während für diese Verfahren früher die Gerichte zuständig waren, sind sie seit 01. September 2013 den Notaren übertragen.
Das notarielle Vermittlungsverfahren hat aus vielerlei Gründen wenig Bedeutung. Zunächst ist es den meisten Notaren überhaupt nicht bekannt. Bedauerlicher Weise ist jedoch die örtliche Zuständigkeit des Notars auf den Amtssitz beschränkt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 344 Abs. 4a FamFG). Anders als bei gewöhnlichen notariell zu beurkundenden Vorgängen kann im notariellen Vermittlungsverfahren der Notar also nicht frei gewählt werden.
Zwar sind die Notare grundsätzlich verpflichtet, die entsprechenden Verfahren durchzuführen. Ohne entsprechende Zuarbeit antragstellender Miterben ist dies jedoch für den Notar eine enorm aufwändige Angelegenheit.
Aber auch für den antragstellenden Miterben ist das Verfahren nur bedingt geeignet. So kann es bei entsprechender Reaktion der anderen Miterben jederzeit boykottiert und damit beendet werden, womit die einvernehmliche Erbauseinandersetzung dann gescheitert ist.
Sofern allerdings spezielle Gegebenheiten innerhalb der Erbengemeinschaft vorliegen, kann eine erfolgreiche Erbauseinandersetzung im Rahmen eines notariellen Vermittlungsverfahrens auch dann gelingen, wenn einzelne Erben gänzlich untätig bleiben. Unter besonderen Umständen können in diesem Fall fehlende Erklärungen von Miterben fingiert werden.
Das Verfahren eignet sich zusammenfassend jedoch nur bei Mitwirkung diesbezüglich rechtlich versierter Personen (Notar, Rechtsanwalt).
Die streitige Erbauseinandersetzung
Streitige Erbauseinandersetzungen sind höchst anspruchsvoll. Warum?
Die streitige Erbauseinandersetzung kann ausschließlich mit einer Erbteilungsklage (gerichtet auf Zustimmung zum Aufteilungsplan) (MYTHOS 9) beendet und somit erzwungen (MYTHOS 6) werden. Andere Möglichkeiten existieren NICHT! Insbesondere die immer wieder anzutreffende Behauptung, mit einer Zwangsversteigerung würde eine Erbengemeinschaft beendet, ist ebenso falsch wie die Behauptung, dies geschehe durch einen Erbteilsverkauf (MYTHOS 7, MYTHOS 11) oder einen Abschichtungvertrag (MYTHOS 12). Zwar kann es unter gewissen Umständen durch einen Erbteilsverkauf oder einen Abschichtungsvertrag zur Auflösung einer Erbengemeinschaft kommen. Dies ist jedoch lediglich eine Rechtsfolge, welche ausschließlich dann eintritt, wenn sich alle Erbteile in der Hand einer Person vereinigen. Die Erbengemeinschaft erlischt dann kraft Gesetzes.
Auf dem Weg zur Erbteilungsklage kann es natürlich immer wieder zu einer Einigung kommen, wodurch die streitige Auseinandersetzung dann beendet werden kann. Aber ohne Einvernehmen ist es unmöglich, eine Erbengemeinschaft ohne eine Erbteilungsklage zu beenden.
Die Erbteilungsklage ist wohl die mit dem höchsten Prozessrisiko belastete Klage. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass eine Erbteilungsklage allein auf die Zustimmung zu einem konkreten, vom Kläger zu erstellenden Aufteilungsplan gerichtet werden kann. Ein solcher Plan kann jedoch nur vollständig richtig oder falsch sein. Falsch ist der Plan bereits dann, wenn ihm nicht 100%-ig zugestimmt werden kann. Allein ein „vergessener“ Gegenstand (sei er auch noch so wertlos), bringt somit eine Erbteilungsklage gänzlich zu Fall.
Eine Erbteilungsklage zu erheben, sollte also gut bedacht und vorbereitet werden. Ohne tiefgreifende erbrechtliche Kenntnisse ist davon auszugehen, dass eine Erbteilungsklage nicht erfolgreich sein wird.
Zulässigkeit
Neben den allgemein für eine zivilrechtliche Klage erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen gilt für die Erbteilungsklage ein zusätzlicher Gerichtsstand. Dieser bestimmt sich danach, wo der Erblasser zur Zeit seines Versterbens den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat (§ 27 ZPO).
Begründetheit
Zunächst sei angemerkt, dass der Eintritt der Teilungsreife grundsätzlich keine rechtlich normierte Voraussetzung für eine Erbteilungsklage darstellt. Ausreichend wäre es, einen Teilungsplan aufzustellen, der den gesamten Nachlass vollumfänglich umfasst. Bezüglich unteilbarer Gegenstände und Sachen wäre dann im Rahmen der Erbteilungsklage die konkrete Vorgehensweise zur „Umwandlung“ dieser in teilbares Geld zu erwähnen. Ob dieses Vorgehen sinnvoll ist, mag allerdings bezweifelt werden.
Im Hinblick auf die im Gesetz normierte Vorgehensweise zur Nachlassteilung lässt sich die Teilungsreife als Voraussetzung für eine Erbteilungsklage durchaus begründen.
Teilungsreife liegt grundsätzlich vor, wenn alle Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind (§ 2046 BGB) und sich der verbleibende Nachlass ohne Verminderung des Wertes in gleichartige, den Anteilen der Teilhaber entsprechende Teile zerlegen lässt (§ 2042 Abs. 2 i.V.m. § 752 BGB). (MYTHOS 3 und MYTHOS 4)
Unterstellt man nun die Teilungsreife als Erfordernis einer erfolgreichen Erbteilungsklage, so ist festzustellen, dass lediglich Geld (ausnahmsweise eventuell entsprechend teilbare Wertpapiere) die vorgenannten Anforderungen, ohne Verminderung des Wertes, gleichartig teilbar zu sein, erfüllen kann. Selbst Gegenstände, welche in entsprechend teilbarer Anzahl vorhanden sind, können diese Voraussetzung nicht erfüllen, weil sie letztlich nicht 100%-ig identisch sind.
Zusammenfassend ist also jeder Nachlassgegenstand bzw. jedes Recht in Geld umzuwandeln. Diese einzelnen Maßnahmen dienen also nicht, wie oft falsch dargestellt, der unmittelbaren Erbauseinandersetzung, sondern stellen nur die Herstellung einer Voraussetzung für eine später erfolgreich zu erhebende Erbteilungsklage dar.
Teilungsversteigerung
Auch wenn sich der Mythos hartnäckig hält, beendet die Teilungsversteigerung (auch Auseinandersetzungsversteigerung genannt) weder eine Erbengemeinschaft noch führt sie zu einer Teilerbauseinandersetzung dahingehend, dass der Versteigerungserlös etwa an die Mitglieder der Erbengemeinschaft ausbezahlt wird.
Einziger Sinn der Teilungsversteigerung ist es, eine zum Nachlass gehörende (nicht ohne Verminderung des Wertes gleichartig teilbare) Immobilie in Geld umzuwandeln.
Die Teilungsversteigerung kann von jedem Miterben beim Amtsgericht beantragt werden. Dieses prüft anschließend den Antrag und erteilt einen Anordnungsbeschluss, welcher den übrigen Miterben zugestellt wird. Der Verkehrswert der Immobilie wird anschließend im Rahmen eines Gutachtens ermittelt. Danach legt das Gericht das geringste Gebot fest, welches erreicht werden muss, um unter anderem die Kosten des Versteigerungsverfahrens zu decken. Die Immobilie wird an den Meistbietenden versteigert. Miterben können die Immobilie bei einer Teilungsversteigerung auch selbst ersteigern.
Pfandverwertung des mobilen Nachlasses
Um die o.g. Voraussetzungen der Teilungsreife herzustellen, ist es auch vonnöten, sämtlichen mobilen Nachlass in teilbares Geld zu verwandeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Nachlassgegenstand einen Wert hat oder nicht. Wird er nicht verwertet, kann sinnbildlich die „vergessene Unterhose“ des Erblassers die Erbteilungsklage zum Scheitern bringen. (MYTHOS 10)
Die Einigung über den Umgang mit dem mobilen Nachlass stellt praktisch die größte Herausforderung bei der Erbauseinandersetzung dar. Gelingt es nicht, sich innerhalb der Erbengemeinschaft wenigstens darüber zu einigen, wird es erforderlich, ein vollständiges Verzeichnis des gesamten mobilen Vermögens zu erstellen (welches mitunter tausende von Einzelgegenständen umfassen kann), um anschließend die nicht zustimmenden Miterben zu verklagen, ihre Zustimmung zur Pfandverwertung der betreffenden Gegenstände zu erteilen.
Umfasst der Nachlass auch Verbindlichkeiten, so tritt die Teilungsreife erst dann ein, wenn sämtliche Verbindlichkeiten erfüllt sind. Ist anzunehmen, dass es noch unbekannte Gläubiger gibt, empfiehlt sich die Beantragung eines Aufgebotsverfahrens.